BIPAM statt BIÖG: Was vom Plan übrigbleibt
Anfang des Jahres hatte ich bereits über die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums berichtet, ein „Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit“ (BIÖG) aufzubauen. Dessen zentrale Aufgabe, so hieß es damals, sei „Bedingungen für ein gesundes Leben jenseits des Gesundheitswesens“ zu organisieren. Am gestrigen Mittwoch nun hat Karl Lauterbach in einer Pressekonferenz sein „Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM)“ vorgestellt. Die Orientierung in Richtung öffentliche Gesundheit und Public Health kommt dabei jedoch im Namen nicht mehr vor. Und dies obwohl die Grundidee sogar im Koalitionsvertrag Ende 2021 festgeschrieben worden war: Die damals als „BIÖG“ geplante Bundeseinrichtung sollte die Aktivitäten im Public-Health Bereich bündeln, den Öffentlichen Gesundheitsdienst vernetzen und federführend die Gesundheitskommunikation des Bundes übernehmen. An diesem Projekt, so hieß es damals aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), werde aktuell „mit Hochdruck“ gearbeitet. Erste „inhaltliche und organisatorische Vorschläge“ sollen in wenigen Monaten stehen. Und weiter: „So eine Organisationsreform betrifft nicht nur Strukturen, sondern auch Menschen. Deswegen gehen wir die dafür notwendigen Schritte zielgerichtet, aber mit Bedacht.“ Ich hatte darüber auch in einem Beitrag für die „Ärzte Zeitung“ berichtet. Was von den damaligen Plänen geblieben ist: Auch in das jetzt vorgestellte Institut soll die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) überführt werden – und somit bis 2025 aufgelöst werden. Das BIPAM soll sich auf die Vermeidung nicht übertragbarer Erkrankungen (z.B. Krebs, Demenz, KHK) konzentrieren und die Prävention und Information der Bevölkerung zu den Volkskrankheiten verbessern. Zudem soll es eng mit dem Robert Koch-Institut (RKI) zusammenarbeiten, dessen Fokus künftig auf Infektionskrankheiten liegen soll. Lauterbach will auch die „schwach ausgeprägte Vorbeugemedizin“ stärken und die „Präventionslandschaft“ in Deutschland neu ordnen. Auf der BMG-Seite heißt es: „Durch die Stärkung der Öffentlichen Gesundheit (Public Health) sollen nicht nur die Lebensqualität der Menschen gesteigert und ihre Lebenserwartung verlängert, sondern auch Kosten im Gesundheits- und Sozialsystem reduziert werden. Die hohen Kosten im deutschen Gesundheitssystem gehen auch auf einen Mangel an Primärprävention zurück.“
Meine Einschätzung: Public Health bedeutet vielmehr als kleine Korrekturen in der Ausrichtung, um die gesamten Kosten zu senken – es ist ein gesamtes Konzept, dass die Gesundheitsversorgung in Deutschland durch mehr Kooperation, das Ausschöpfen vieler Ressourcen systemübergreifend voranbringen könnte und die vorhandenen Mittel effektiver einsetzt. Denn darin wird Gesundheit breit gedacht und nicht allein auf die Medizin reduziert. Es richtet sich auch an Einzelne, ihr Verhalten zu überdenken, die eigene Gesundheit zu pflegen und sie eben nicht allein an den Arzt, die Ärztin zu delegieren. Gesundheit wird zur Gestaltungsaufgabe von vielen. Auch nicht-medizinische Bereiche wie etwa Architektur, Stadtplanung, Sportvereine, Settings wie Kita, Schule, Arbeitsplatz oder eben die Nahrungsmittelbranche mit ihren Werbeversprechen werden in die Pflicht genommen. Skeptisch fallen erste Einschätzung von Public Health-Experten aus. Zum Beispiel von Gesundheitswissenschaftler Joseph Kuhn in seinem Scienceblog. Es wird sich erst in der weiteren Umsetzung zeigen, ob die zahlreichen Stellungnahmen und Hinweise von Expert:innen aus Public Health und Öffentlichen Gesundheitsdienst nachhaltig Gehör gefunden haben. Der dafür jetzt vom BMG gesetzte Rahmen wirkt auf mich jedenfalls mutlos.